19. - 23.04.2019: Slough - Eton - Windsor

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19.-20.04.2019: UY Storage nach Montevideo - Flug via São Paulo nach London, sonnig, 25°C

Pünktlich um 14 Uhr kommt Gabriel zum Campingplatz in Uruguay, um uns zum Flughafen in Montevideo zu bringen. Da es Karfreitag ist, kostet uns die Fahrt 71 US$ anstatt der üblichen 59US$ ... grrrr! Er spricht sehr klares Spanisch und so können wir uns auf der 50-minütigen Fahrt sehr gut unterhalten. Wir erfahren einiges zur Politik in Uruguay und auch von Kuba, denn seine Frau kommt daher. Ehe wir uns versehen, fahren wir schon am relativ neuen Flughafen-Terminal vor. Das Einchecken geht ohne Probleme - wir sind eigentlich viel zu früh für den Abflug.

Der Flug nach São Paulo ist pünktlich und kommt dort sogar vor der geplanten Ankunftszeit etwas über 2 Stunden später an. Es ist bereits stockdunkel und wir haben einen tollen Vollmond-Blick von oben auf diese riesige, leuchtende Stadt. Da wir uns im Transit befinden, müssen wir nicht durch die Immigration und können direkt zu unserem nächsten Gate laufen. 4 Stunden Wartezeit kürzen wir mit einem Snack in einem der vielen Fastfood-Restaurants ab. Wir haben noch ganze 68 Brasilianische Reais zur Verfügung - etwas über 15 EURO - und hauen die auf den Kopf. Einen Cheeseburger mit Pommes und Getränk sowie eine kleine, süße Pizza von Pizza Hut müssen wir uns teilen - zu mehr reicht das Geld leider nicht. Aber wir bekommen im Flieger ja wieder was zu essen und so groß war der Hunger nun auch wieder nicht.

Im Flieger von Montevideo nach São Paulo saßen wir neben einer Britischen Familie mit 2 kleinen Kindern. Bei der Landung fangen sie laut an zu heulen und zwei Reihen vor uns geht das gleiche nervige Geschrei von zwei anderen Kindern los. Ich habe da noch einen Witz gemacht und gesagt, dass die bestimmt auch auf dem London Flieger wieder neben uns sitzen werden ... und tatsächlich, die Englische Familie hat die Reihe direkt vor uns. Wir sitzen in der Mitte - ohne Blickmöglichkeiten aus dem Fenster. Der Flieger ist proppenvoll, also können wir auch nicht woanders Platz nehmen.

11 Stunden dauert der Flug nach London. Erstaunlicherweise ohne Kindergeschrei. Die waren nämlich alle kurz nach dem Boarding bereits auf ihren Sitzen eingeschlafen. Da wir auf Flügen normalerweise nicht schlafen können, holen wir die Kopfhörer raus und studieren das Kino-Programm an Bord. Helen entscheidet sich für Mary Poppins Returns und die beiden Fantastic Beast Filme von J. K. Rowlings - angelehnt an Harry Potter. Ist mir alles zu langweilig, deswegen gehe ich die diesjährigen Oscar-Filme durch. The Favourite - eine Geschichte über Queen Anne - finde ich total langweilig. Ich springe mehrfach einfach weiter, sehe aber nicht einmal mehr das Ende, denn das Essen kommt. Wir nehmen beide das Huhn mit Reis und Soße - sehr lecker!

Bohemian Rhapsody - ein Film über Freddy Mercury - ist dagegen wirklich super. Kein Wunder, dass der Hauptdarsteller Rami Malek den Oscar dafür bekommen hat. Ich war zu damaligen Zeiten eigentlich überhaupt kein Queen Fan, muss aber heute sagen, dass die echt Hammer-Hits drauf hatten. Der Film macht natürlich schon ein wenig traurig, deswegen gucke ich mir anschließend zwei lustige Filme an - Dumplin' mit Jennifer Aniston und The Other Woman mit Cameron Diaz.

Dann kann ich meine Augen nicht mehr aufhalten - wir sind inzwischen seit fast 24 Stunden wach und ich muss mal kurz meine Augen schließen. Eine Stunde später - ich muss wohl doch leicht eingenickt sein - wache ich mit steifen Nacken pünktlich zum Frühstück wieder auf. Wir sitzen relativ weit hinten und das Rührei und Obst sind schon weg. Stattdessen bleibt uns nur noch der feucht-weiche Sandwich und ein Erdbeer-Joghurt (ich hasse die!).

Jetzt sind es noch gut 1,5 Stunden bis zur Landung und ich gucke mir noch einen Teil der Whitney Houston Dokumentation an. Leider sehe ich die letzten 40 Minuten davon nicht mehr, denn wir landen pünktlich in London. Schade, es wurde gerade spannend mit ihrer Drogenabhängigkeit und ihrer Ehekrise mit Bobby Brown. Ähnlich wie Freddy Mercury stirbt dieses Supertalent der Musikbranche mit nur 48 Jahren. Sie ertrinkt am 11. Februar 2012 in der Badewanne ihres Hotelzimmers im Beverly Hilton, Beverly Hills, California unter Einfluss von Kokain. Schon wieder ein Flug, wo ich ständig geweint habe - entweder vor Trauer oder vor Lachen. Ist das Alter, ich schwöre es!

Helen spielt bei der Landung in London die Heldin. Wir sind im Sinkflug und die Maschine schaukelt ein wenig. Zwei Reihen vor uns geht ein Schließfach auf und einer der schweren Koffer droht von oben auf eine Mutter mit Kind zu fallen. Helen sieht das und öffnet unmittelbar vor der Landung ihren Sicherheitsgurt, stürzt nach vorne und versucht das Schließfach zu schließen. Die Räder berühren die Landebahn und Madame ist am wackeln. Zum Glück geht alles gut und die Stewardessen erteilen Helen nicht einmal einen Rüffel. Ich schüttel nur den Kopf. Wenn Helen da eine Bruchlandung im Gang gebaut hätte, wäre unser Urlaub schon gleich mit einer Katastrophe angefangen.

Am Flughafen London Heathrow warten wir noch auf unser Gepäck, da bekommen wir schon eine WhatsApp von Silvia - sie managed das Appartement in Slough, dass wir für die nächsten 4 Nächte gebucht haben. Sie will unsere ungefähre Ankunftszeit wissen. Slough liegt westlich von Heathrow und sie schickt uns einen Link mit Transportverbindungen. Wir lesen darin, dass man mit dem Bus Nummer 7 vom Zentralen Busbahnhof im Flughafen direkt nach Slough fahren kann. Super! Wir müssen nicht mal auf den Bus warten, er kommt innerhalb von 2 Minuten. Die Fahrt dauert 50 Minuten und kostet 5£ pro Person. Die Bahn oder ein Taxi wären doppelt so teuer gewesen! Wir lehnen uns entspannt zurück und ich muss mir erst mal mein Fleecehemd ausziehen, denn in London scheint die Sonne bei 25°C im Schatten. Und so soll es auch über die gesamten Ostertage bleiben - unsere Reise auf der Insel fängt schon mal gut an!

Von der Haltestelle in Slough müssen wir gut 1,4km bis zu unserem Appartement laufen - kein Problem, wir haben ja nur eine Rolltasche dabei und wechseln uns damit ab. Auf der Straße vorm Appartement wartet Silvia schon auf uns. Sie ist etwa Mitte 30, blond und hat einen leichten Akzent. Wir erfahren, dass sie 2005 aus Rumänien nach England gekommen ist. Sie zeigt uns kurz alles Wichtige zum Appartement und nimmt uns anschließend zum Tesco Supermarkt mit dem Auto mit - der ist nämlich auch wieder 1,4km entfernt und wir sind schon sehr müde! Total nett von ihr - super Service. Auf die 100£ Anzahlung für mögliche Schäden verzichtet sie auch - wir sehen vertrauenswürdig genug aus!

Tesco ist riesig und hat eine fantastische Auswahl. Wir haben im Appartement eine ganze Küche zur freien Verfügung mit Mikrowelle, Herd, Kühlschrank und Waschmaschine. Deswegen kaufen wir erst einmal das Nötigste für die nächsten zwei Tage ein - Obst, Salate, Müsli, Butter, Milch, Gebäck, Joghurt, Brot, Dressing, Suppen, Cappuccino und zu meiner größten Freude ... Griechischer Schafskäse!!! Hatte ich seit Hamburg nicht mehr!

Gegen 19.30 Uhr sind wir wieder zuhause und machen unser Abendessen - Suppe mit Brot. Anschließend haue ich mir eine große Portion Kirschkuchen mit frischen Erdbeeren und Blaubeeren rein. LECKER! Obst ist hier erstaunlich günstig - zwei Schalen Blaubeeren, eine Box Erdbeeren, 8 Kiwis, eine Box Weintrauben, 6 Bananen - alles nur für jeweils 1£.

Während des Abendessens lernen wir Daniela kennen. Unser Appartement besteht aus 8 Einheiten - einige Bewohner kommen so wie wir nur für ein paar Tage, andere mieten sich länger hier ein. Daniela kommt aus Freiburg und arbeitet hier in einer Tochterfirma ihres Unternehmens für zwei Monate. Es gibt noch ein junges Englisches Paar, einen Inder und einen älteren Engländer hier - alle sehr ordentlich und ruhig. Wir fühlen uns gleich sehr wohl hier.

Um 21 Uhr schaffe ich es gerade noch unter die Dusche, dann geht bei mir das Licht aus - ich kann nicht mehr! 33 Stunden am Stück waren wir jetzt wach. Wir schlafen beide schnell ein, aber um 2 Uhr morgens bin ich auf einmal wach und kann dann gute 3-4 Stunden lang nicht mehr einschlafen. Jetlag, na super!

21.04.2019:Slough - Eton - Windsor, sonnig, 24°C

Wir haben keinen Wecker gestellt, schließlich ist ja Sonntag, aber Helen ist um 9 Uhr wach und macht die erste Tasse Tee. Das Wetter ist zu schön, um noch lange im Bett zu liegen, also quäle ich mich auch aus den gemütlichen Federn. Obst und Müsli stärken uns für unseren ersten Sightseeing Tag.

Bis zum Eton College sind es keine 2km zu Fuß von unserem Appartement - ideal! Natürlich sind am Osterwochenende die Schüler alle nicht da und alles ist geschlossen. Massenhaft Touristen laufen stattdessen durch die schönen, alten Straßen.

Das King’s College of our Lady of Eton wurde 1440 von Heinrich VI. als Wohltätigkeitsschule gegründet, um 70 armen Schülern eine kostenlose Schulausbildung zu ermöglichen. Am Eton College gehen heutzutage etwa 1300 Jungen im Alter von 13 bis 18 Jahren zur Schule. Mit Schulgebühren von über 45.000 Euro pro Jahr ist die Schule eines der teuersten Internate weltweit. Die Schule wurde von mehreren Vertretern des britischen Königshauses besucht, zudem befinden sich unter ihren ehemaligen Schülern auch 19 Britische Premierminister.

Eine Fußgängerbrücke über die Themse führt von Eton nach Windsor. Windsor Castle thront auf dem Hügel über der Stadt. Wir sehen schon weit vor dem Eingang eine lange Schlange. Ein Ordner erzählt uns, dass der Eintritt 22.50£ pro Person kostet - heute am Ostersonntag ist allerdings die St. George's Chapel geschlossen, da es dort eine private Veranstaltung gibt. Normalerweise kann man das Schloss von 9.30 Uhr bis 17.15 Uhr besuchen - heute wird es aber erst um 13 Uhr geöffnet. Die Schlange ist uns zu lang, wir beschließend den Besuch stattdessen am Dienstag zu machen, da sind hoffentlich viele Oster-Touristen schon wieder weg. Während Helen sich nochmals Infos am Ticket-Schalter holt, beobachte ich, wie sehr gut gekleidete Damen und Herren durch das Haupttor auf die Straße gehen - typisch Englisch mit Hut und langem Kleid (die Damen), sowie Anzug und teilweise Uniform mit Orden (die Herren). Die private Veranstaltung ist gerade zu Ende - Oster-Gottesdienst in der St. George Kapelle, in der letztes Jahr Prinz Harry und Meghan geheiratet haben.

Wir verlassen die Menschenmassen und schlendern durch die Gassen zur Touristen-Information. Hier bekommen wir eine ausführliche Broschüre mit dem Namen "The Queens Walkway" - sie zeigt die 63 Stationen, die als Attraktionen in Windsor gelten. Der Walkway wurde 2015 eingerichtet. Queen Elizabeth saß zu diesem Zeitpunkt 63 Jahre und ein paar zerquetschte Monate auf dem Thron und ist damit das am längsten regierende königliche Oberhaupt Englands.

Uns tun ein wenig die Füße weh und wir laufen zu den Alexandra Gardens - einen sehr schön angelegten Park gleich um die Ecke. Hier entspannen wir uns auf einer Parkbank und lesen uns die Informationen erst einmal gründlich durch, bevor wir anschließend einen Teil des Queens Walkways laufen. Es gibt eine 2.6 Meilen (4.1km) lange Gerade, die direkt aufs Schloss zuläuft. Am Ende der Strecke thront das Copper Horse (Kupferpferd) auf dem Snow Hill. Es datiert von 1829 und zeigt King George III auf dem Pferd. Von hier aus hätte man den wohl besten Blick auf Windsor, aber der Weg ist uns für heute zu lang.

Wir bekommen langsam Kaffeedurst und machen uns auf den Rückweg. Dabei kommen wir an den Victoria Baracken vorbei. Hier sind gut 500 Soldaten der Coldstream Guards stationiert. Sie bilden einen Teil der fünf Regimenter, die zum Schutz des Schlosses eingeteilt sind. Viele von ihnen haben aber auch im Afghanistan Krieg Dienst geleistet. Ein junger Soldat am Eingang erzählt uns alles über den Wachwechsel im Schloss, den wir uns morgen angucken wollen.

Im alten Windsor Bahnhof steht noch ein Nachbau der Queen Victoria Lokomotive. Sie wurde 1897 zum Diamanten Jubiläum (60 Jahre auf dem Thron) eingesetzt, um sechs königliche Waggons zu ziehen. Für Queen Elizabeth II wurden 4 Denkmäler in Windsor aufgestellt, darunter eines im Bachelor Acre Park, der die Königin in Privatkleidung mit ihren geliebten Corgis zeigt. Neben dem alten Bahnhof findet man ein Denkmal aus 59 Stahlkugeln und einem Glas-Diamanten, das von einer 15-jährigen Schülerin gestaltet wurde.

Kurz vor 17 Uhr sind wir wieder in unserem Appartement. Helen schätzt, dass wir heute 13km in 6 Stunden gelaufen sind. Zur Entspannung kochen wir uns einen Cappuccino, dazu gibt es Kuchen und wir schmeißen uns aufs Bett und gucken die BBC News. Dabei sehen wir, dass die Queen persönlich heute im Windsor Castle am Gottesdienst teilgenommen hat. Prinz William und Kate, Prinz Harry, Prinz Andrew und seine Kinder ... die gesamte Königliche Familie war da! Nur Meghan nicht - sie lag vermutlich hochschwanger in der Frogmore Cottage auf dem Sofa - dem neuen Wohnsitz der beiden in Windsor.

Das die Queen vor Ort war, wussten wir ja, denn die Fahne am Schloss war ganz oben. Das wir sie und vielleicht die anderen Royals unter Umständen hätten sehen können, wussten wir allerdings nicht. Und die Queen hatte heute auch noch ihren 93igsten Geburtstag! Auf BBC hören wir, dass die "Menge" (ob das die vielen Touristen in der Schlange waren?) ihr ein Geburtstagsständchen gesungen haben. Helen ärgert sich, dass wir da nicht richtig vorbereitet waren. Sonst hätten wir doch vor Ort gewartet! Na ja, ob man sie von draußen überhaupt hätte sehen können ist fraglich, aber wir haben andere Touristen gehört, die Prinzessin Beatrice - die Tochter von Prinz Andrew und Fergie - live gesehen haben.

Unser Abendessen ein paar Stunden später ist schnell gemacht - frische Salate, mit Tomate und Schafskäse und dazu ein paar Samosas. Den Rest des Abends verbringen wir vor dem Computer und schreiben unseren Tagesbericht - eine Aufgabe, die wir uns dieses Mal täglich vorgenommen haben, um unsere Webseite schnell zu gestalten und online zu stellen, denn nach der Reise bleibt keine Zeit mehr dafür. Schaun wir mal, ob es auch klappt!

22.04.2019:Slough - Eton - Windsor, sonnig mit kleinen Schleierwolken, 24°C

Wieder nur eine kurze Nacht, denn der Wecker klingelt erbarmungslos um 8 Uhr morgens. Helen drückt 4 Mal auf die Snooze-Taste bevor wir endlich aus den Federn kommen. Um 9.20 Uhr verlassen wir unser Appartement - die Straßen sind leer und es ist auch noch recht kühl. Erneut laufen wir durch Eton und anschließend direkt zum Windsor Castle. Kurz vor 10 Uhr ist die Warteschlange noch sehr kurz und wir überlegen, ob wir nicht schon heute ins Schloss gehen sollten, aber die Sonne ist noch nicht ganz draußen und wir wollen doch die Wachablösung der Garde von Anfang an mitbekommen.

5 Minuten später ist die Schlange schon über 100m lang und das Thema hat sich für heute erledigt, denn wir werden noch nicht einmal das Eintritts-Ticket fürs Schloss haben, bevor die Wachgarde hier vorbeikommt. Da kommen wir doch lieber morgen um 9.30 Uhr wieder, dann stehen wir hoffentlich gar nicht erst in einer Schlange für die Tickets.

Die Garde verlässt die Victoria Baracken erst um 10.45 Uhr und so haben wir genügend Zeit dort hinzuschlendern. Die Polizisten zum Absperren der Straße sind schon vor Ort und so nach und nach gesellen sich andere Touristen zu uns. Helen unterhält sich mit ihren Ex-Kollegen und die sagen schon, dass die Wachablösung heute etwas länger dauern wird, denn die Königin ist für die nächsten 6 Wochen im Windsor Castle. Da muss alles auf Vollglanz poliert und alle Instrumente perfekt gestimmt sein, die Bärenfellmützen werden noch einmal gestriegelt und bitte ja keinen Fussel auf der Uniform. The Queen will not be amused!!!

Wir schmunzeln während des Wartens über einen wunderschönen Schäferhund, der in den Baracken seinen Ball fallen lässt. Sein Besitzer merkt das nicht und Helen ist besorgt, dass die Gardisten darüber stolpern könnten. Sie will "rüberlaufen", um den Ball aufzuheben. Ich kann sie - im Gegensatz zu ihrem Einsatz vorgestern im Flieger - gerade noch zurückhalten, denn die Schranke am Eingang der Baracken wird von drei Soldaten bewacht - zwei davon tragen Maschinengewehre. Auf der Straße stehen zusätzlich die Jungs der Spezialeinheit mit ihren Schusssicheren Westen und ebenfalls Maschinengewehren. Nicht, dass sie Helen erschießen, weil sie denken, da ist eine Verrücke, die auf die Baracken zurennt. In heutigen Zeiten muss man leider mit so etwas echt aufpassen.

Die Wachablösung besteht aus einer ca. 30-köpfigen Band und im Anschluss laufen die 17 Gardisten im Stechmarsch zum Schloss hoch. Ich mache am Eingang der Baracken die ersten Bilder und renne dann voraus, damit ich sie möglichst häufig von vorne ablichten kann. Helen hat unsere kleine Kamera und macht damit Videos. Wir nehmen eine Abkürzung zum Schloss und ich stehe - heftig atmend - rechtzeitig wieder zum Fotografieren bereit. Die Jungs haben echt einen flotten Stechschritt drauf. 9 Minuten dauert der Marsch von den Baracken zum Schloss. Die Garde verschwindet durchs Tor und wir müssen jetzt warten, bis die abgelöste Garde wieder zu den Baracken zurück marschiert. Wer Tickets fürs Schloss hat, kann jetzt drinnen den eigentlichen Wachwechsel live verfolgen. Das werden wir dann morgen sehen.

Wir positionieren uns unten beim Queen Victoria Denkmal. Jetzt habe ich das Schloss im Hintergrund. Gegen 11.35 Uhr kommen die Gardisten wieder aus dem Schloss und ehe wir uns versehen sind sie schon an uns vorbei marschiert. An den Straßenrändern stehen Hunderte von Touristen, um dieses Spektakel zu sehen.

Uns drückt inzwischen die Blase, aber anstatt zur nächstgelegenen öffentlichen Toilette zu laufen, machen wir uns auf in Richtung Themse. Hier befindet sich nämlich eine ganz besondere öffentliche Toilette im Gebäude mit der Dyson Uhr. Die antike Uhr wurde von den Uhrmachern von King Edward VII (1901 - 1910) gefertigt. In den Toiletten findet man Kachelbilder, die das Leben in Windsor widerspiegeln. Die anderen Damen schauen ein wenig irritiert, weil ich drinnen Videos und Fotos mache. Hey, wir sind Touristen!

Anschließend schauen wir uns das Füttern der Schwäne und Gänse unten am Fluss an. Die Schwäne bringen sich regelrecht in Pose und heben ihre Flügel an, beugen den Kopf und wackeln mit dem Schwanz, wenn sie scheißen ... was wir alles so beim Reisen erleben! Entlang der Themse kann man wandern. Helen hat letztes Jahr schon viele Kilometer davon angelaufen. Wir machen heute allerdings nur eine kurze Strecke bis auf die Höhe vom Eton College. Hier ist die Themse ganz schmal und die Boote müssen durch eine Schleuse. Wir genießen ein paar Shortbread Kekse auf einer ruhigen Parkbank und beobachten die Durchfahrt der Boote - darunter richtig nette Hausboote, an Deck mindestens ein Hund. Das wäre doch auch mal ein Weg zu leben, wenn wir mal keine Lust mehr auf Wohnmobile haben.

Ich könnte jetzt eigentlich locker zu unserem Appartement zurücklaufen, um mich zu entspannen, aber Helen hat eine andere Idee für den Nachmittag. Sie wollte schon immer mal "The Long Walk" machen. Wir sind ja gestern schon ein kleines Stück darauf gelaufen, heute möchte Helen die gesamten 2.6 Meilen (4,1km) machen. Hin und zurück! Auf der asphaltierten Geraden sind nur Fußgänger erlaubt - ebenso Kinder auf Rollern und Kinderwagen. Auf dem Rückweg hätte ich gerne einen der Roller gehabt. 50 Minuten (eine Strecke!) brauchen wir für den BLOODY Long Walk, wie ich ihn inzwischen nenne. Mein rechtes Knie tut weh ... Meniskusschmerzen ... scheiße, ich werde alt! Aber die Aussicht ist tatsächlich sehr schön vom Denkmal aus, auch wenn es inzwischen sehr diesig über dem Windsor Schloss ist.

Auf dem Rückweg sehen wir einen Mr. Whippy Eiswagen und Helen sagt, dass das eine Institution in England ist - kennt sie noch aus ihrer Jugend. 99 Cent für ein Softeis! Hört sich gut an - allerdings bezahlen wir für die beiden heute 7.50£ zusammen!!! Trotzdem sehr lecker und wir brauchen diese kleine Stärkung, um die letzten 4km noch nach Hause zu schaffen.

Helen findet sogar irgendwo noch die Kraft und wackelt noch einmal fast 3km zusätzlich, um beim Tesco Supermarkt noch ein paar Vorräte für uns zu kaufen. Wir brauchen doch Milch für unseren Cappuccino! Ich mache mich direkt zu unserem Appartement auf ... mit der Ausrede, dass ich schon mal an unserer Webseite schreiben werde. 18km bin ich heute gelaufen - das reicht! Eines kann ich jetzt schon nach nur zwei Tagen sagen: England und Schottland werden ganz sicher kein entspannter Urlaub für uns sein!

23.04.2019:Windsor Castle, wolkig, 21°C

Wir verlassen unser Appartement schon um 9 Uhr und kommen pünktlich um 9.30 Uhr beim Windsor Castle an. Kaum zu glauben, aber es gibt keine Schlange - wir laufen direkt zum Ticketschalter durch! 22.50£ pro Person hört sich teuer an, aber das Ticket ist ein Jahr lang gültig. Dafür muss man am Ende des Besuchs das Ticket unter Aufsicht eines Mitarbeiters unterzeichnen und eine Form von ID vorweisen. Es ist somit nicht übertragbar an jemand anderes.

Nach dem Ticketkauf müssen wir durch die Sicherheitskontrolle. Taschen und Gürtel werden, wie am Flughafen, durch eine Röntgenanlage geschickt - aber es läuft alles sehr entspannt hier ab. Wir brauchen nur etwa 5 Minuten dafür. Super! Über Ostern waren hier pro Tag Tausende von Besuchern und wir haben das ja die letzten beiden Tage beobachten können - wer erst nach 10 Uhr kommt, der steht schon draußen in einer langen Schlange mit 2-4 Stunden Wartezeit. Wir haben das perfekt getimed, zumal es heute wolkig ist. Nicht schlimm, denn wir halten uns vorwiegend drinnen auf.

Jeder Besucher bekommt einen digitalen Audioguide mit sehr guten Kopfhörern. Mit diesem kann man frei nach Schnauze Windsor Castle in aller Ruhe besuchen. Alle halbe Stunde gehen auch geführte Touren ab, wir lassen die aber aus, denn wir wollen auf keinen Fall den Wachwechsel im Schloss verpassen. Wir fragen gleich bei zwei Ordnern nach und sie zeigen uns, wo wir den Wachwechsel am besten sehen können. Er findet direkt vor den Privaträumen der Königin statt und der Platz ist abgesperrt. Aber wir können das Geschehen durch eines der Eisengitter sehr gut beobachten. Um uns den Platz in der ersten Reihe zu sichern, stellen wir uns bereits um 10.15 Uhr dort hin - neben uns ein Mann mit großer Foto- und Videokamera. Viele Besucher schauen sich schon mal die sogenannten State Apartments an, bevor sie den Wachwechsel beobachten. Gut, dass wir unsere Plätze schon haben.

Gegen 10.45 Uhr marschiert die Garde auf den Platz, die in den letzten 8-12 Stunden ihren Dienst hier im Schloss geleistet hat. Bis zur Wachablösung müssen wir aber noch bis 11 Uhr warten. Man kann die Musik schon von weitem hören, ehe die Kapelle und die neue Garde auf den Platz marschieren. Das Spektakel dauert gute 40 Minuten. Helen und andere Besucher singen laut mit, denn die Band spielt heute Songs aus dem alten Mary Poppins Film - die natürlich jeder Engländer in und auswendig kennt. Neben mir steht ein 4-jähriges Mädchen und sie hält sich ganz gespannt mit beiden Händen am Gitter fest. Mum versucht sie lautstark zum Singen zu animieren, was man bestimmt deutlich auf unserem Video hören kann. Kein Pieps bekommt die Kleine raus, schüchtern lächelt sie mich an, als ich neben ihr auf die Knie gehe.

Wir besuchen anschließend in aller Ruhe die State Apartments. Mit dem Audioguide bekommen wir ausreichend Informationen. Fotografieren ist drinnen nirgendwo erlaubt - es stehen aber viele Ordner herum, die die Touristen mit ihren Smartphones immer wieder in ihre Schranken weisen müssen. Ich packe meine Kamera gleich weg und genieße einfach den Durchgang durch diese spektakulären Räume. Wahnsinn, welcher Prunk hier seit Jahrhunderten steht. Windsor Castle ist das älteste und größte durchgehend bewohnte Schloss der Welt und alle Räume werden auch heute noch für bestimmte Anlässe von der königlichen Familie genutzt. Das macht es echt interessant, denn man sieht diese Räume häufig im Fernsehen. Es ist halt nicht ein alter Kasten, der mit Antiquitäten vollgestellt ist und im Prinzip tot ist. Die Bilder habe ich von der offiziellen Royal Collection Trust Webseite runter geladen. Alle weiteren Infos findet ihr unter den Fotos. Leider ist das Doll House nicht geöffnet, es wird seit einem Jahr restauriert.

Inzwischen sind schon einige Stunden vergangen und die Blase drückt - also nutzen wir draußen die aufgestellten Toiletten zu einem "Royal Piss". Helen knurrt anschließend der Magen und den einzigen Snack, den man innerhalb des Schloss kaufen kann, ist das Windsor Eis. Es wird aus der Milch der Jersey Kühe hergestellt, die zur königlichen Windsor Farm gehören. Helen holt uns eine Kugel Schokoladeneis und zwei Kugeln des Preisgekrönten Schwarze-Johannisbeeren-Eis. Sehr lecker! Und es hat nur 5£ gekostet - für ein königliches Eis fast billig!

Windsor Castle - 360° Panorama
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Jetzt bleibt uns nur noch der Besuch der St. George's Chapel. Hier haben letztes Jahr Prinz Harry und seine Meghan geheiratet. Ich habe mir diese Kirche nach den Fernsehaufnahmen sehr viel größer vorgestellt, als sie in Natura ist. Sehr beeindruckend! Wir kommen mit einer der Ordnerinnen ins Gespräch. Sie zeigt uns, wo die Königin und ihre Familie im Chorraum sitzen, wenn der Hosenbandorden (höchster Ritterorden des Vereinigten Königreichs) einmal im Jahr zusammenkommt.

Über 6 Stunden verweilen wir im Schloss. Das hat richtig Spaß gemacht und ist absolut sehenswert! Ein Muss für jeden Besucher!

Abends gucken wir dann live übers Internet das Pokalhalbfinale zwischen dem HSV und Leipzig, dass die Hamburger verdient und erwartet mit 1:3 verlieren, dennoch bietet der HSV in den ersten 60 Minuten ein sehr gutes Spiel mit mehreren Chancen sogar zwischenzeitlich in Führung zu gehen. Das Finale in Berlin wäre schon eine Nummer zu hoch gewesen.